20. August 2024 / Gepostet von Marmot Mountain Europe GmbH/ Text and Fotos: Steve McClure
In der Kletterwelt haftet dem Level oder der Route 8a eine gewisse Mystik an. Es ist eine Zahl die beides bedeutet, eine große Herausforderung und gleichzeitig auch eine Grenze, die die Träumer von den Kämpfern trennt. Für viele ist ein 7er Grad ereichbar, aber die 8a ist eine ganz andere Geschichte. Es ist ein Meilenstein, der den Gipfel der Kletterkunst verkörpert, ein Traum der nur von sehr wenigen verwirklicht wird.
Lange bevor ich irgendetwas über Klettergrade wusste, war die Nummer Acht bereits meine Lieblingsnummer. Es spiegelt das Unendlichkeitssymbol wieder- eine Endlosschleife ohne Anfang oder Ende. Diese Faszination setzte sich fort, als sich die Kletterroute 8a als die Spitze der Klettergrade herauskristalisierte. Das war in den 1980er Jahren, einer Zeit, in der das Sportklettern mit seiner pulsierenden Kultur und anspruchsvollen Routen hohe Wellen schlug. Die Zeit der pinken Lycra Strumpfhosen, der verrückten Frisuren und der Rotpunktrouten, war geradezu revolutionär. Die Nummer 8a hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt und galt als Inbegriff der Schwierigkeit beim Klettern. Noch heute muss ich lächeln, wenn ich an einem Bahnhof das Gleis 8a sehe.
Meine Reise allerdings begann mit dem traditionellen Klettern. Bereits im Alter von zwei Jahren, erkundete ich Felsen und mit zehn bekam ich dann meine erste Trad-Ausrüstung. Das war in den 1980er Jahren, noch bevor sich das Sportklettern etabliert hatte und damit auch noch lange vor dem Aufkomme der 8a. Beim Klettern ging es mir immer eher um die Erfahrung- die Freunde und das Abenteuer. Allein die Vorstellung in eine Route Bohrhaken einzuhängen, schien weit von der Realität entfernt zu sein.
Mit 23 änderte sich das alles. Meine ersten Erfahrungen im Sportklettern machte ich an der Rubicon Wall im Peak District in Großbritanien, einem Ort, der von Sheffield, wo ich damals lebte, eine Welt entfernt schien. Die weißen Wände, die mit Kreide und Bohrhaken gespickt waren, wirkten auf mich einschüchternd und aufregend zugleich.. Obwohl ich wie üblich zum Trad-Klettern dort war, bot man mir an die berühmte Route „Let the Tribes Increase“, die damals mit F7c+ bewertet war, auszuprobieren.
Ich habe einfach losgelegt und mein Bestes gegeben. Zu meiner Überraschung sah ich, als ich am ersten Bolzen hing, Griffe, die ich vorher nicht bemerkt hatte. Diese neue Perspektive ermöglichte es mir die optimalen Tritte und Griffe zu finden und schon bald hatte ich meine erste richtige Route erfolgreich abseilt. Diese Erfahrung öffnete mir die Augen für das Potenzial des Sportkletterns.
Es war absolut fesselnd das Klettern in einzelne, von Angst ungetrübte Bewegungen zu zerlegen. Nach einer Stunde war ich startklar und beim ersten Versuch gelang mir die Rotpunktbegehung. Ich war aufgeregt, mein Kopf war voller Bewegungen und Positionen, die durch meine Aufregung bis an mein körperliches Limit zu gehen, noch verstärkt wurden. Aber ich erinnere mich genau, dass es nicht nur das Limit war – ich kletterte mit mehr im Hintergrund, mit mehr Reichweite! Die 8a war immer nur für die Besten der Besten gewesen, etwas, von dem ich nicht einmal träumte; ich hielt es nicht einmal für möglich. Es war so, als würde man über die Landung eines Astronauten auf dem Mond lesen; es war etwas so fantastisches, dass ich mir einfach nicht vorstellen konnte, es jemals gleich zu tun. Plötzlich war es nicht nur möglich, es war machbar, und das in nur noch einer Frage der Zeit!
Meine erster Level-8-Anstieg war „Zeke the Freak“ ein 8b-Klettergrad an der Rubicon Wall. Das war 1995 und legte den Grundstein für den Beginn einer neuen Ära in meiner Kletterkarriere. Das Verständnis für die Feinheiten der Redpoints und die Erkenntnis, dass meine Entschlossenheit mich durch scheinbar unmögliche Züge treiben konnte, veränderte mein Leben. Innerhalb eines Jahres kletterte ich 8c+, und einige Jahre später war ich bis zu 9a+ aufgestiegen.
Ich führte ein Tagebuch über mein Klettern und über jede Route mit dem Schwierigkeitsgrad 8a und höher. Diese Bücher sind wie eine Aufzeichnung meines Lebens, meiner Erfolge und der Verwirklichung meiner Hoffnungen und Träume. Sie sind wie ein Testament meines Lebensweges und halten fest, wie meine Wünsche Wirklichkeit werden. Die Zahl 8a wurde zu einem Symbol für eine bedeutende Leistung, einen Meilenstein, der viel Hingabe, Motivation, Geschicklichkeit und Stärke erfordert. Es ist erstaunlich, wie die Zahl 8 so wichtig sein kann. Ich glaube, es ist einfach passiert, dass nach 7c+ die 8a auf der willkürlich erfundenen Notenskala auftaucht, bei der die Änderung einer Zahl alles bedeutet. Es mag eine erfundene Skala sein, aber zufälligerweise ist der Übergang zwischen 7 und 8 genau an der richtigen Stelle. Vielleicht hätte es ein bisschen höher oder niedriger sein können, denn 8a ist sehr schwer. Eine davon zu klettern ist eine echte Leistung. Obwohl die heutigen sozialen Medien manchmal den Eindruck erwecken, dass eine 8a lediglich ein Aufwärmtraining sei, bleibt sie für die meisten Kletterer doch eine monumentale Leistung.
Das Erreichen von tausend Routen der Schwierigkeitsstufen 8a und höher war nie ein ausdrückliches Ziel von mir. Erst als ich mich der 900er-Marke immer mehr näherte, wurde mir klar, dass dieser Meilenstein bald in Reichweite war. Während Kletterer wie Dani Andrada und Adam Ondra beeindruckende Zahlen erreicht haben, die weit über meine Erfolge herausreichen, spiegeln meine 1000 Routen meinen persönlichen Weg eines ausbalancierten Ansatzes beim Klettern wider, der den Sport, DWS, Bouldern und Big Walls umfasst. Diese Vielfalt ist meiner Meinung nach ein Markenzeichen des britischen Klettersports und etwas, auf das ich sehr stolz bin.
Als das Jahr 2023 sich zum Ende neigte, stand ich kurz vor meiner 1000. 8a Kletterroute. Als Freunde damit anfingen mich nach meinen Plänen für diesen Meilenstein zu fragen, hatte ich noch gar nicht wirklich darüber nachgedacht. Aber es kam mir ein bisschen langweilig vor nichts zu planen. Genauso wie die Leute, die gefragt werden, was sie an ihrem 50. Geburtstag machen und antworten: “Ich gehe einfach nur eine Pizza essen, ich möchte keine große Sache daraus machen.“ Ich überlegte, ob ich eine große Kletternummer daraus machen sollte; eine 9a irgendwo wäre toll. Aber die perfekte Route kristalisierte sich schnell heraus. Zurück zu Rubicon, zurück zum Anfang: „Let the Tribes Increase“, mittlerweile auf 8a hochgestuft, nachdem einige Griffe abgebrochen waren. Es war beinahe poetisch, zu derselben Route zurückzukehren, die meine erste Sportklettererfahrung war.
Am Tag der Besteigung waren die Bedingungen perfekt, und wie es der Zufall wollte, war mein alter Freund Mike, der mich bei der Erstbegehung gesichert hatte, in der Stadt. Auf dem Weg zum Felsen schwelgten wir in Erinnerungen an die Vergangenheit und es fühlte sich an wie eine Geschichte, die zu schön war, um wahr zu sein. Die Kletterei selbst war eine nostalgische Herausfoderung und trotz meines Sturzes in der letzten Seillänge war ich überglücklich. Ich hatte es beim zweiten Versuch geschafft, genau wie früher. Bei Nummer 1000 ging es nicht nur um die Kletterei, sondern auch um die Reise, die Menschen, die Orte und die pure Freude am Klettern.
Das Erreichen von tausend Routen des Schwierigkeitsgrades 8a und höher ist eine beachtliche Leistung, aber die wahre Magie liegt in den Erfahrungen und Erinnerungen, die auf dem Weg dorthin entstehen. Ein besonderer Tag, einer meiner besten, und die 999 Kletterrouten davor unterstreichen einfach die Reise zu diesem Punkt, eine Chance und Gelegenheit, zurückzublicken und dankbar dafür zu sein, dass ich irgendwie zu diesem unglaublichen Klettersport gefunden habe.
Klettern hat mir so viel gegeben - Freundschaften, Abenteuer und eine tiefe Verbundenheit mit der Natur. Wenn ich auf meine Reise zurückblicke, bin ich voller Dankbarkeit für den unglaublichen Sport, der das Klettern ist. Auf das nächste Kapitel und die vielen weiteren Besteigungen, die noch kommen werden.
Ihr könnt Steves tausendste Besteigung auf dem BMC TV Kanal auf YouTube sehen:www.youtube.com/watch?v=ph2vCWrTX-Q/